Umweltbilanz der EM 2024
Die Fußball-EM 2024 ist mehr als nur ein sportliches Großereignis. Sie ist ein Spiegelbild unserer Zeit und wirft Fragen nach Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf. Während die Fans in den Stadien und den Fanzonen jubeln, hinterlässt das Turnier einen ökologischen Fußabdruck. Besonders die Flugreisen der Mannschaften stehen dabei im Fokus der Kritik.
Es entsteht der Eindruck einer Doppelmoral: Einerseits wird von den Fans erwartet, nachhaltig zu handeln, andererseits werden die ökologischen Folgen der großen Fußballnationen ignoriert.
Wie lässt sich ein solches Großereignis also mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vereinbaren?
Der Plan
Um das Ziel von der “nachhaltigsten EM aller Zeiten” zu erreichen, setzten die UEFA und der DFB auf die Kernaspekte Mobilität, Energieversorgung, Ressourcenschonung und Kompensation.
Die Energieversorgung der Stadien und Trainingszentren erfolgte durch erneuerbare Energien. Unsere Bewertung: gut
Bei der Ressourcenschonung haben wir uns insbesondere die Fanzonen angeschaut. Dort wurden Mehrweg-Getränkebecher verwendet und auch sonst Umweltkonzepte berücksichtigt. Gleiches gilt für die Stadien. Unsere Bewertung: gut
Die Kompensation von nicht vermeidbaren Emissionen lässt sich aktuell noch nicht beurteilen, weil noch nicht veröffentlicht. Unsere Bewertung: keine Angabe möglich
Die Mobilität wirft noch einige Fragen auf und weist auf Probleme hin, die nicht nur in der Verantwortung von DFB und UEFA liegen. Schauen wir uns diesen Bereich einmal genauer an.
Die Mobilität
Den Großteil der Emissionen der Fußball Europameisterschaft 2024 nämlich rund 80 Prozent, verursacht die Mobilität von Fans und Mannschaften. Den Großteil dieser wiederum erzeugen die Fans bei deren An- und Abreise zu den Spieltagen. Aber auch die Mannschaften müssen aus ihren Quartieren zu den Spielorten und wieder zurück, so dass auch die reine Austragung eines Spiels Emissionen für die Mobilität erzeugt.
Die Teams
Gerade mit Blick auf die Strecken zwischen den Spielorten und den Unterkünften der Teams gab es gravierende Unterschiede bei der Wahl der Verkehrsmittel. Besonders erwähnenswert ist die dabei die Mannschaft der Schweiz, die zu ganzen fünf Spielen mit der Bahn zum Spielort fuhr. Auch Georgien, Rumänien und Tschechien nutzen die Bahn mehrfach.
Allerdings gibt es aber auch eine Reihe von Negativbeispielen durch Teams, die selbst kürzeste Strecken mit dem Flugzeug zurücklegten. Den Vogel abgeschossen hat dabei die französische Nationalmannschaft, die die Strecke von Paderborn nach Düsseldorf (immerhin ganze 124 Kilometer) in zwanzig Minuten Flugzeit zurücklegte. Aber auch die türkische Nationalmannschaft ließ sich nicht lumpen und absolvierte die enorme Strecke Hannover nach Hamburg in einer Flugzeit von 25 Minuten. So reisen Fußball-Idole heute immer noch. 150 Kilometer ICE- oder Busfahrt ist ihnen aber auch nicht zuzumuten. Aber auch die deutsche Nationalmannschaft hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Für die Strecke Nürnberg nach Dortmund (460 km) war ein Flugzeug sechsmal in der Luft. Das glaubst du nicht? Doch, das war so! Das Flugzeug, welches als Linienflieger eingesetzt wird, fliegt weder Nürnberg noch Dortmund planmäßig an. Flug 1: München nach Nürnberg (Leerflug). Flug 2: Nürnberg nach Dortmund (mit der Mannschaft). Flug 3: Dortmund nach München (Leerflug). Danach Linienbetrieb. Flug 4: München nach Dortmund (Leerflug). Flug 5: Dortmund nach Nürnberg (mit der Mannschaft). Flug 6: Nürnberg nach München: (Leerflug).
Die Alternativen
Gerade mit Blick auf die Kurzstreckenflüge der Mannschaften, muss man hinterfragen, ob diese wirklich erforderlich sind. Immerhin wurden die Elite-Kicker mit dem Mannschaftsbus zum Flughafen gebracht und am Ziel mit dem Bus zum Stadion gefahren. Mit welcher Begründung musste es dafür einen Flug geben?
Wir haben in Deutschland ein, nein, mehrere Probleme mit der Infrastruktur. Da sind zum einen die fast marode Bahn und zum anderen die maroden Autobahnen mit endlosen Staus und Sperrungen. Das macht den Weg von einem Ort zum anderen oftmals nicht angenehm. Aber die Brücken, Straßen und die Bahn waren auch 2018 bei Vergabe der EM schon kaputtgespart. Da hätte man entweder beginnen müssen, die bis zum Beginn des Turniers verbleidenden sechs Jahre für eine Sanierung der Infrastruktur zu nutzen oder aber die Bewerbung als Ausrichter zurückzuziehen. Beides hat man nicht getan. Mit all den Folgen für Mensch und Umwelt.
Wir fassen zusammen
Fußballspieler, deren Mannschaften und Vereine sind Vorbilder. Aber nicht nur, was den sportlichen Erfolg und Ehrgeiz angeht. Nein, Nagelsmann, Neuer und Co. haben auch eine gesellschaftliche Vorbildfunktion. Durch innerdeutsche Flüge, die die Ausmaße wie die oben beschriebenen annehmen und die absolut unnütz sind, wird sehr viel der Vorbildunktion kaputt gemacht. Der Schaden für den Klimaschutz ist nicht zu beziffern. Aber ernsthaft. Warum sollte ich auf meinen Shoppingflug nach Istanbul verzichten, wenn die Fußballer derart umweltfeindlich unterwegs sind?